Gründung der Bruderschaft

Als Gründer gilt der aus Satteins stammende Bartholomäus Ehrni, der zwischen 1659 bis 1664 Pfarrer in Götzis war. Er soll die Bruderschaft am zweiten Sonntag nach dem Dreikönigstag des Jahres 1661 zu Ehren von St. Arbogast in der gleichnamigen Götzner Wallfahrtskirche eingeführt haben. Die älteste, urkundliche Nennung der Bruderschaft geht auf den 27. Mai 1661 zurück: Papst Alexander VII. stattete sie mit Ablässen aus, „damit die vorher genannte Bruderschaft von Tag zu Tag ein stets größeres Wachstum erfahre“. Von Anfang an richtete sie sich an Gläubige beiderlei Geschlechts, wie es auch bei anderen Bruderschaften durchaus üblich war. In seinem Brief unterschied der Papst vollkommene und unvollkommene Ablässe. Ein vollkommener wurde den Mitgliedern zuteil, wenn sie

1. in die Bruderschaft eintraten und die drei geistlichen Werke der Reue, der Beichte und des Kommunionempfangs verrichteten,

2. den Namen Jesu im Augenblick des Todes andächtig anriefen oder

3. die drei geistlichen Werke beim alljährlichen Besuch der Kirche am Patroziniumstag verrichteten. Einen unvollkommenen Ablass erlangten sie durch:

1. die Verrichtung der drei geistlichen Werke beim Besuch der Kirche an vier bestimmten Festtagen (das Ausmaß des Nachlasses der Sündenstrafen entsprach sieben Jahren und ebenso vielen Quadragenen, das sind 40 Tage Fastenzeit),

2. die Verrichtung von Werken der Frömmigkeit oder Nächstenliebe wie beispielsweise das Mitfeiern des Gottesdienstes in der St. Arbogast-Kirche, die Teilnahme an Bruderschaftsversammlungen, die Beherbergung von Armen oder Friedensstiftung unter Feinden etc. (dieser Ablass konnte so oft gewonnen werden, so oft die vorgeschriebenen Tätigkeiten verrichtet wurden).

Als zweitältestes, erhaltenes Dokument der Bruderschaft gelten die Statuten aus dem Jahre 1663. Fürstbischof Ulrich von Chur bestätigte sie am 20. Februar und erteilte damit die Lizenz zur Drucklegung. Sie sollten einerseits an die Mitglieder verteilt werden, um ihre religiöse Verbundenheit zu stärken, andererseits, „zumahln auch diejenige welche dises geistlichen Gnadenschatzes kein Nachricht haben sich dessen theilhafftig machen können“. Sie waren somit die frühe Form einer Werbebroschüre

Die Statuten

Die Statuten regelten die weltlichen, organisatorischen Belange der Bruderschaft und sahen im Einzelnen folgende Punkte vor:

1. Der Vorstand besteht aus dem jeweiligen Pfarrer von Götzis als Vorsitzendem sowie einem geistlichen und weltlichen Brudermeister. Beide sind jeweils von allen Mitgliedern zu wählen. Unterstützung erhalten sie zusätzlich von drei weltlichen bzw. geistlichen Mitgliedern als Assistenten und Beiräte.

2. Am Fest des Hl. Arbogast, das damals noch mit dem 20. Juli festgesetzt war, ist alljährlich ein Brudertag mit mehreren Gottesdiensten zu halten.

3. Für alle Mitglieder besteht Teilnahmepflicht bei Bestattnisund Bruderschaftsgottesdiensten.

4. Jedes Mitglied soll für jedes verstorbene Mitglied eine Messe lesen lassen.

5. Jedes Mitglied muss täglich drei „Vater Unser“, drei „Ave Maria“ und das Glaubensbekenntnis andächtig beten. Außerdem sollen die Mitglieder einander lieben, helfen und raten.

6. Die maximale Anzahl der Mitglieder wird mit einhundert begrenzt, damit die zu erbringenden Verpflichtungen nicht zu umfangreich werden. Kriterien für die Aufnahme in die Bruderschaft sind ein einwandfreier Leumund und Lebenswandel, der vom Vorstand zu überprüfen ist.

7. Das Eintrittsgeld wird mit zehn Schilling festgesetzt.

8. Ein Zuwiderhandeln der Mitglieder soll bestraft werden und zieht allenfalls einen Ausschluss nach sich.

9. Ein Kassier soll Buch führen und jährlich dem Vorstand und Brudermeister Rechnung legen.

10. Die Namen sämtlicher Mitglieder sollen in einem so genannten Bruderschaftsbuch vermerkt werden.

11. „Auch damit diese Statuten desto besser, emsig, und fleissiger observiert, und gehalten werden“, sollen sie beim alljährlichen Brudertag vor der Versammlung verlesen werden.

Die Errichtung der Bruderschaft steigerte die Bedeutung der Wallfahrt und förderte sie entsprechend. So fand am Sterbetag des hl. Arbogast am 21. Juli immer ein besonderer Bittgang statt: Die Bruderschaftsmitglieder pilgerten um sechs Uhr morgens von der Pfarrkirche Götzis nach St. Arbogast und begingen dort einen feierlichen Gottesdienst.

Josephinische Reformen der Bruderschaft

Die Regentschaft Josephs II. brachte große Veränderungen mit sich: 1781 forderte der Kaiser genaue Auskunft über das Bruderschaftsvermögen. Zwei Jahre später hob er alle Bruderschaften auf, zog ihr Vermögen zum Religionsfond ein und erlaubte generell nur eine einheitliche „Bruderschaft von der tätigen Nächstenliebe“. Alle Zusammenkünfte, Andachten und Prozessionen mussten damit eingestellt werden. Im Zuge dessen wurde die Kirche St. Arbogast im Januar 1789 gesperrt, und es war zu befürchten, dass sie abgebrochen werden sollte. Der Protest der Bevölkerung war groß: Dem gewaltsamen Aufbruch der Kirche und der trotzigen Veranstaltung von Prozessionen durch die empörten Götzner folgte ein Besuch durch zwei Beamte des Vogteiamts aus Feldkirch: Sie sollten die zu erwartenden Strafen und das Prozessionsverbot öffentlich verlesen. Allerdings hatten sie nicht mit dem Zorn der Götzner Bevölkerung gerechnet, die die Beamten tätlich angriffen und schließlich in die Flucht schlugen. Da der Einsatz des Militärs kontraproduktiv erschien, befahl die Regierung dem zuständigen Churer Fürstbischof Johann Franz Dionys Konstanz Graf von Rost einen beschwichtigenden Besuch bei den Aufständischen. Seinen Visitationsbericht an den Kaiser schickte er schließlich mit der Bitte um Milderung der Verordnung. Dabei gab er zu bedenken, dass die Unterdrückung der Bruderschaften als Hauptursache für die Unruhen gelte und eine Wiederholung provozierten. Die Reaktion des inzwischen neuen Kaisers Leopold II. fiel erfreulich aus: Er stattete die der Hauptstadt wenig gefährlichen Provinzen mit der Erlaubnis aus, dass der Fortbestand der Bruderschaften im Ermessen des Bischofs läge. So bewilligte der Churer Bischof bereits im Juli 1790 die Erneuerung der St. Arbogast und St. Anna Bruderschaft. Allerdings gelang es ihm dabei nicht, das eingezogene Bruderschaftsvermögen zurück zu erhalten. Das früheste heute noch erhaltene Bruderschaftsbuch, das alle verstorbenen Mitglieder verzeichnete, wurde ab 1795 angelegt. Es zeigt einerseits, dass sich die Bruderschaft personalmäßig über die Krise der Josephinischen Reformen gut hinüberrettete. Andererseits, dass eine gewisse Überalterung der Mitglieder eingetreten war, da zwischen 1795 und 1803 insgesamt 50 Mitglieder starben. Rund zwei Drittel stammte aus Götzis, ein Drittel aus den umliegenden Gemeinden Altach, Klaus, Koblach und Mäder, aber auch aus Hohenems, Sulz und sogar Höchst. Dies zeugt von einem entsprechenden Verbreitungs- und Bekanntheitsgrad der Bruderschaft.

Bayrische Aufhebungsbestrebungen und Statutenreformen

Im Zuge dessen gelangte 1807 ein königliches Dekret in Kraft, das neuerlich die Prozession nach St. Arbogast untersagte und erwartungsgemäß heftigen Widerstand provozierte. Erst 1814, mit der Rückgabe Vorarlbergs an Österreich, sollte sich die Situation wieder entspannen. Die Bruderschaft schien dadurch zwar keinen erheblichen Schaden bezüglich ihres geistigen Lebens genommen zu haben, wohl aber in Hinblick auf das in der Zwischenzeit erworbene Vermögen. Die Mitgliederwerbung war daher zu einem umso wichtigeren Anliegen geworden, vor allem dann, wenn ein verstorbenes Mitglied das Auffüllen auf hundert notwendig machte. Im Bruderschaftsleben hatte sich eine formlose Routine eingeschlichen: Zwar wurde der gemäß Statuten vorgesehene Brudertag alljährlich gehalten. Auf die ebenfalls vorgeschriebenen Brudermeisterwahlen schien man seit 1795 jedoch nur mehr wenig Wert zu legen. Vielmehr dürfte der Brudermeister vom jeweiligen Vorstand, dem Götzner Pfarrer, ohne Wahlen bestellt worden sein. Darüber hinaus unterblieb die Wahl eines geistlichen Brudermeisters, sodass nur noch ein weltlicher bestellt wurde. Ein wichtiges Anliegen war auch die Adaptierung der Statuten, die Mitte des 19. Jahrhunderts überholt schienen und entsprechende Reformbestrebungen auslösten. 1859 verfasste Christian Knecht, der seit 1858 Pfarrer in Götzis und somit Bruderschaftsvorstand war, ein Manuskript mit überarbeiteten Statuten. Er sah den Brudertag nun nicht mehr am Titularfest, sondern am Mittwoch nach dem St. Anna-Fest, also am 26. Juli, vor. Bereits im darauf folgenden Jahr verfasste Pfarrer Knecht die nächste Überarbeitung: Demnach sollten die Statuten in ein besseres Deutsch übertragen und in Form einer kleinen Broschüre veröffentlicht werden. Besonders wichtig erschien ihm die Einhaltung einer strengen Disziplin und der Mitgliedschaftspflichten laut Statuten, wenn er verfügte, dass „Unsittliche und Lasterhafte“ keinesfalls aufgenommen werden dürften. Eine Erweiterung erfuhr der Statutenvorschlag von 1860 mit dem Manuskript von 1888 durch die Festsetzung der Eintritts- und Sterbegebühr. Erstere wurde mit 45 Kreuzer (1859: 51 Kreuzer, 1860: keine Angabe) für Personen bis 45 Jahren festgesetzt, ältere Mitglieder zahlten zusätzlich noch Messen und über 55-Jährige sollten überhaupt nicht mehr aufgenommen werden. Offenbar gab es bereits 1888 erste Annäherungen mit der St. AnnaBruderschaft, war doch schon damals von den so genannten Anna- und Arbogast-Bruderschafts-Statuten die Rede. Bereits im darauffolgenden Jahr wurde das Manuskript von 1888 gedruckt, eine Neuauflage mit denselben Inhalten kam nochmals im Jahr 1900 heraus

Kriegsereignisse und Zweites Vatikanisches Konzil

Die Entwicklung der Bruderschaft war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts maßgeblich von den beiden Weltkriegen bestimmt. Wirtschaftlich besonders schwierig gestaltete sich die Zwischenkriegszeit: Nach dem Ersten Weltkrieg war das Vermögen der Bruderschaft auf 1676 Kronen und 93 Heller angewachsen, ging jedoch im Zuge der Inflation 1924 gänzlich verloren. In diese Zeit datiert auch eine Versammlung der Bruderschaftsmitglieder, bei der der Antrag gestellt wurde, ob weiterhin jedes Mitglied für jeden Verstorbenen eine Heilige Messe oder nur eine Messe für alle in einem Jahr Verstorbenen lesen lassen solle. Die Abstimmung ging zugunsten des Status Quo aus, womit gegen den in Zeiten höchster Inflation wirtschaftlich durchaus sinnvollen Antrag des Vorstandes gestimmt wurde. Daran zeigten sich aber die demokratischen Ansätze innerhalb der Bruderschaft. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1938 betraf die Bruderschaft in zweierlei Hinsicht. Einerseits fielen zwischen Herbst 1939 und Mai 1945 die Samstagsprozessionen zunächst wegen des Kriegsbeginns, ein Jahr später wegen des generellen Verbots von Prozessionen aus. Andererseits war es während des Krieges zunehmend schwerer geworden, Messen lesen zu lassen, weil viele Priester selbst in den Krieg gezogen waren. So bekam der damalige Pfarrer Jakob Gut die bischöfliche Anordnung, aufgrund des Priestermangels nicht mehr so viele Messen zu lesen. Stattdessen sollten die Mitglieder den betreffenden Betrag für andere karitative Zwecke verwenden. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Zeit reif für neuerliche Änderungen an den Statuten. 1950 gab Pfarrer Jakob Gut seinen „Auszug aus den Statuten der St. Arbogast-Bruderschaft“ heraus. Er fasste die bestehenden Statuten lediglich in neun Punkten für die jährliche Verlesung zusammen und kürzte sie vereinzelt, um sie den zeitgemäßen Erfordernissen anzupassen. Unter seinem Nachfolger Pfarrer Otto Feurstein zeigte sich eine Wende im Bruderschaftsleben. In Zeiten wachsenden Wohlstands bei der Bevölkerung, aber auch durch innerkirchliche Umbrüche im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils schwand zunehmend das Interesse an der Bruderschaft. Immer weniger Mitglieder besuchten die Bruderschaftsgottesdienste bei Bestattungen, aber auch an den Brudertagen selbst. Vielfach fehlte offenbar die Kenntnis über die statutengemäßen Rechte und vor allem Pflichten der Mitglieder. Damit einher ging ein kontinuierlicher Rückgang der Mitgliederzahlen: 1976 hatte die Bruderschaft nur noch 84 von hundert möglichen. Deren bereits fortgeschrittenes Alter und die zu erwartende spirituelle Entwicklung in der Kirche löste die Befürchtung aus, die Zahlen würden sich zukünftig noch weiter reduzieren. Dies war tatsächlich der Fall, denn 1988 war zu lesen, dass Mitglieder gerne aufgenommen werden, da die Höchstzahl von hundert nicht mehr erreicht werde